1. Einleitung – Das Apollo-Programm am Wendepunkt
Als die NASA im Dezember 1972 die letzte Apollo-Mission zum Mond startete, lag hinter ihr eine Dekade beispielloser wissenschaftlicher, technischer und organisatorischer Höchstleistungen. Das Apollo-Programm hatte nicht nur die erste bemannte Mondlandung möglich gemacht, sondern auch das Selbstverständnis der Menschheit verändert.
Doch die Ära der bemannten Mondflüge stand 1972 bereits im Schatten politischer und wirtschaftlicher Realitäten: Die Kosten für den Vietnamkrieg und Sozialprogramme in den USA stiegen, und die anfängliche Euphorie über Mondlandungen hatte in der amerikanischen Öffentlichkeit merklich abgenommen. Das Apollo-Programm war von ursprünglich geplanten 20 Missionen auf 17 reduziert worden. Damit blieben Apollo 16 und Apollo 17 als die letzten beiden Gelegenheiten, den Mond wissenschaftlich aus nächster Nähe zu erforschen.
2. Apollo 16 – Expedition in die Descartes-Hochebene
2.1 Hintergrund und wissenschaftliche Zielsetzung
Vor Apollo 16 hatten alle Landestellen in relativ flachen Ebenen gelegen – wie Mare Tranquillitatis (Apollo 11) oder Mare Imbrium (Apollo 15). Für die Wissenschaft war jedoch klar: Wer die geologische Geschichte des Mondes verstehen wollte, musste auch die Hochländer erforschen. Diese Gebiete bestehen aus älterem Material als die dunklen Mare und könnten Hinweise auf die frühe Krustenbildung des Mondes enthalten.
Die Descartes-Hochebene nahe dem Cayley-Plateau wurde als Landestelle ausgewählt. Geologen hofften, dort vulkanisches Material aus der Frühzeit des Mondes zu finden.
2.2 Crew und Aufgabenverteilung
| Astronaut | Rolle | Bemerkenswertes |
|---|---|---|
| John W. Young | Kommandant | Zweiter Mondflug (Apollo 10 im Mondorbit) |
| Charles M. Duke Jr. | Lunar Module Pilot | Jüngster Mensch, der auf dem Mond landete |
| Thomas K. Mattingly II | Command Module Pilot | Blieb im Mondorbit, führte Experimente durch |
2.3 Startvorbereitung und Start
Der Start erfolgte am 16. April 1972 um 17:54 UTC von der Rampe 39A in Cape Kennedy mit einer Saturn-V-Rakete (SA-511). Wenige Tage vor dem Start hatte ein technisches Problem im Command Module beinahe zur Verschiebung geführt, konnte jedoch rechtzeitig behoben werden.
2.4 Flug und Ankunft im Mondorbit
Nach dem Verlassen der Erdumlaufbahn und dem Kurswechsel zum Mond trennte sich das Kommandomodul „Casper“ vom dritten Raketenstadium und koppelte das Lunar Module „Orion“ an. Am vierten Flugtag erreichte Apollo 16 den Mondorbit. Ein Problem im Steuerungssystem des Service-Moduls verzögerte die Landung, doch die Missionsleitung gab nach Analyse grünes Licht.
2.5 Landung in der Descartes-Hochebene
Am 21. April 1972 setzte „Orion“ mit Young und Duke auf der Oberfläche auf. Die Landestelle lag in den hellen Hochländern, umgeben von Hügeln und Kratern – ein völlig anderes Bild als bei den früheren Missionen.
2.6 Mondoperationen
Die Astronauten nutzten das Lunar Roving Vehicle (LRV), um größere Entfernungen zurückzulegen. Drei Außenbordeinsätze (EVA) summierten sich auf 20 Stunden 14 Minuten.
- Fahrten zu geologisch interessanten Formationen wie Stone Mountain und North Ray Crater
- Entnahme von insgesamt 95,8 Kilogramm Mondgestein
- Einsatz von Messgeräten wie der Far Ultraviolet Camera/Spectrograph zur Beobachtung der Erde und des Weltraums
Die Mission bestätigte, dass die Hochländer nicht vulkanischen Ursprungs sind, sondern aus Material bestehen, das bei großen Einschlägen entstand.
2.7 Rückflug und Auswertung
Nach 71 Stunden auf der Mondoberfläche startete „Orion“ wieder und dockte an „Casper“ an. Apollo 16 wasserte am 27. April 1972 im Pazifik. Die wissenschaftlichen Daten halfen, das Bild der Mondentstehung zu verfeinern.
3. Apollo 17 – Der letzte Mensch auf dem Mond
3.1 Besonderheiten der Mission
- Erste Mondmission mit einem ausgebildeten Wissenschaftler: Geologe Dr. Harrison Schmitt
- Längster Aufenthalt auf dem Mond: 75 Stunden
- Letzter bemannter Flug zum Mond im 20. Jahrhundert
3.2 Crew und Aufgabenverteilung
| Astronaut | Rolle | Bemerkenswertes |
|---|---|---|
| Eugene A. Cernan | Kommandant | Letzter Mensch, der den Mond betrat |
| Harrison H. Schmitt | Lunar Module Pilot | Einziger Wissenschaftler auf dem Mond |
| Ronald E. Evans | Command Module Pilot | Führte zahlreiche Orbitalexperimente durch |
3.3 Start bei Nacht
Der Start am 7. Dezember 1972 war einzigartig: Zum ersten Mal startete eine Saturn V bei Nacht. Die Flammen erhellten die Küste Floridas kilometerweit.
3.4 Landung im Taurus-Littrow-Tal
Die Landestelle im Taurus-Littrow-Tal bot sowohl geologisch alte Gebirgsregionen als auch jüngere vulkanische Ablagerungen. Ziel war, maximale geologische Vielfalt zu untersuchen.
3.5 Mondoperationen
Die drei EVAs summierten sich auf 22 Stunden 4 Minuten, mit einer Gesamtstrecke von rund 35 Kilometern im Rover.
- Entdeckung des „Orange Soil“ – vulkanische Glaspartikel
- Probenahmen von insgesamt 110,4 Kilogramm
- Einsatz des Lunar Seismic Profiling Experiment zur Untergrundanalyse
3.6 Die letzten Schritte
Am 14. Dezember 1972 sprach Cernan die letzten Worte auf dem Mond:
„We leave as we came and, God willing, as we shall return, with peace and hope for all mankind.“
3.7 Rückkehr und Auswertung
Apollo 17 wasserte am 19. Dezember 1972 im Pazifik. Die Vielfalt der Proben erlaubte Rückschlüsse auf mehrere geologische Epochen des Mondes.
4. Vergleich Apollo 16 und Apollo 17
| Merkmal | Apollo 16 | Apollo 17 |
|---|---|---|
| Landestelle | Descartes-Hochebene | Taurus-Littrow-Tal |
| Aufenthaltsdauer | 71 h 2 min | 75 h 0 min |
| EVA-Gesamtzeit | 20 h 14 min | 22 h 4 min |
| Probenmenge | 95,8 kg | 110,4 kg |
| Roverstrecke | 26,7 km | 35 km |
| Wissenschaftlicher Fokus | Hochlandgeologie | Hochland & vulkanische Regionen |
| Besonderheit | Erkundung ältester Mondregionen | Einziger Geologe auf dem Mond |
5. Bedeutung für die heutige Raumfahrt
Die Ergebnisse von Apollo 16 und 17 prägen bis heute unser Verständnis des Mondes:
- Hochländer sind Relikte massiver Einschläge, nicht vulkanisch
- Der Mond ist geologisch komplexer als gedacht
- Technologien wie Rover und EVA-Anzüge sind Grundlage für künftige Artemis-Missionen
6. Schlussbetrachtung
Apollo 16 und 17 markieren den Höhepunkt und das vorläufige Ende der bemannten Mondlandungen. Sie bewiesen, dass solche Missionen sowohl technisch machbar als auch wissenschaftlich wertvoll sind. Bis heute warten Forscher darauf, erneut Fußspuren im Mondstaub zu sehen – diesmal vielleicht für eine dauerhafte Präsenz.
